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Fast 1 Million Österreicher nimmt aufgrund hoher Blutfettwerte Cholesterinsenker (sogenannte Statine) ein, doch diese sind nicht ohne Nebenwirkungen.
Sie sorgen nicht selten für Müdigkeit und Muskelschmerzen bei den Betroffenen – können Nahrungsergänzungsmittel wie das Coenzym Q10 die Begleiterscheinungen von Statinen tatsächlich mindern?
Cholesterinsenker & Coenzym Q10 – Artikelübersicht:
- Wie wirken Statine auf die Energieproduktion?
- Statin-assoziierte Muskelschmerzen (SAMS)
- Coenzym Q10 und Statine: Wissenschaftlicher Hintergrund
- Diagnostik: Blutuntersuchungen bei Müdigkeit und Muskelschmerzen
- Therapieoptionen: Was tun bei SAMS und Müdigkeit?
- Frageliste für den Hausarzt
- Praktische Tipps für Betroffene
- Linktipps
Statine wie Atorvastatin sind bewährte Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels und zur Reduktion des Herzinfarktrisikos. Doch wie jedes Medikament haben sie potenzielle Nebenwirkungen.
Häufig berichten Betroffene über Muskelschmerzen, Müdigkeit oder eine reduzierte Belastbarkeit im Alltag. Oft wird ein Zusammenhang mit einem Mangel an Coenzym Q10 diskutiert, das eine zentrale Rolle in der Energieproduktion der Zellen spielt.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Statine die Zellfunktion beeinflussen können, welche Rolle Coenzym Q10 dabei spielt und welche Maßnahmen helfen können. Außerdem erhalten Sie eine praktische Frageliste für den Arztbesuch sowie Hinweise, welche Blutwerte bei anhaltender Müdigkeit überprüft werden sollten.
Wie wirken Statine auf die Energieproduktion?
Statine hemmen das Enzym HMG-CoA-Reduktase, das die Cholesterinsynthese reguliert. Diese Hemmung verringert jedoch auch die Produktion von Coenzym Q10, das für die Energieproduktion der Zellen essenziell ist.
Warum ist Coenzym Q10 wichtig?
Coenzym Q10 spielt eine Schlüsselrolle in den Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der Zellen. Es hilft bei der Energieerzeugung (ATP) und schützt die Zellen vor oxidativem Stress.
Ein Mangel kann Muskelschwäche und Müdigkeit verursachen.
Die Einnahme von Coenzym Q10 (CoQ10) in Verbindung mit Statinen wie Atorvastatin wird häufig diskutiert, insbesondere im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen der Statine, wie Muskelschmerzen (Myopathien).
Es gibt tatsächlich wissenschaftliche Hinweise, die eine gewisse Relevanz für die ergänzende Einnahme von CoQ10 nahelegen, aber die Evidenz ist noch nicht eindeutig.
Lassen Sie uns die aktuelle Lage differenziert betrachten.
Wie beeinflusst Atorvastatin den Coenzym-Q10-Spiegel
Es gibt mehrere Studien, die die Interaktion von Coenzym Q10 (CoQ10) mit Atorvastatin und anderen Statinen untersucht haben, insbesondere im Hinblick auf die durch Statine verursachte Reduktion des CoQ10-Spiegels und die damit verbundenen Muskelbeschwerden.
Der Cholesterinsenker Atorvastatin hat einen signifikanten Einfluss auf den Coenzym-Q10-Spiegel im Körper:
- Starke Reduktion des Q10-Spiegels: Eine tägliche Dosis von 80 mg Atorvastatin kann den Coenzym-Q10-Spiegel innerhalb von 14 bis 30 Tagen um fast 50% senken, von ursprünglich 1,26 auf 0,67 μg/ml1.
- Dosisabhängige Wirkung: Die Reduktion des Q10-Spiegels durch Atorvastatin ist dosisabhängig. Höhere Dosen führen zu einer stärkeren Abnahme der Ubichinon- und Ubichinol-Spiegel im Serum.
- Mechanismus der Q10-Reduktion: Atorvastatin hemmt die HMG-CoA-Reduktase (siehe oben), was die Bildung von Mevalonsäure beeinträchtigt. Diese ist für die körpereigene Herstellung von Coenzym Q10 notwendig. Zusätzlich senkt Atorvastatin den LDL-Cholesterinspiegel, an den Q10 im Serum gebunden ist, was indirekt zu einer weiteren Senkung des Q10-Spiegels führt.
- Auswirkungen auf den Energiestoffwechsel: Die Reduktion des Q10-Spiegels kann zu einer verringerten Mitochondrien-Funktion führen, was Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Muskelschwäche zur Folge haben kann.
Diese Erkenntnisse unterstreichen die Wichtigkeit, den Q10-Status bei Patienten unter Atorvastatin-Therapie zu beobachten und gegebenenfalls eine Supplementierung in Betracht zu ziehen.
Statin-assoziierte Muskelschmerzen (SAMS)
Muskelschmerzen unter Statinen, auch als SAMS bekannt, betreffen bis zu 10 % der Patienten. Sie können als dumpfer Schmerz oder Schwäche auftreten und sowohl früh als auch spät in der Therapie entstehen.
Doch nicht jeder Muskelschmerz ist medikamentös induziert, auch die genetische Prädisposition eine wichtige Rolle.
Wichtige Risikofaktoren sind Alter, Untergewicht, Alkoholabusus und körperliche Aktivität.
Von einer Statin-assoziierte Myopathie muss man dann ausgehen, wenn die Symptome innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Statineinnahme auftreten, sich innerhalb von vier Wochen nach Absetzen des Medikaments wieder zurückbilden und bei einer Reexposition dann wieder auftreten.
Symptome von SAMS
- Muskelschmerzen, besonders in den Oberschenkeln oder Armen
- Müdigkeit und Muskelschwäche, oft nach körperlicher Aktivität
- Selten schwere Komplikationen wie eine Rhabdomyolyse
Coenzym Q10 und Statine: Wissenschaftlicher Hintergrund
Statine reduzieren die Produktion von Coenzym Q10. Kritische Stimmen warnen vor möglichen langfristigen negativen Auswirkungen der Statintherapie auf den Q10-Status und die Herzfunktion.
Einige Studien legen nahe, dass eine Supplementierung mit CoQ10 bei Patienten mit Herzinsuffizienz oder anderen Herzproblemen vorteilhaft sein könnte.
Es gibt auch Studien, die darauf hindeuten, dass ein Mangel die Muskelfunktion beeinträchtigen kann. Nahrungsergänzung mit CoQ10 könnte helfen, Symptome zu lindern.
Ubichinon vs. Ubichinol
- Ubichinon: Die Standardform, die im Körper in Ubichinol umgewandelt wird.
- Ubichinol: Die bioverfügbare, aktive Form, die besonders für ältere Menschen geeignet ist.
Diagnostik: Blutuntersuchungen bei Müdigkeit und Muskelschmerzen
Ein Coenzym Q10-Mangel kann im Blut festgestellt werden, allerdings nur in speziellen Labors. Neben CoQ10 sollten folgende Werte überprüft werden:
Wichtige Blutwerte
- Vitamin D: Ein Mangel kann Muskelschwäche und Müdigkeit verursachen.
- Eisen/Ferritin: Eisenmangel kann Erschöpfung auslösen.
- CK-Wert: Dieser Muskelwert zeigt Muskelschäden an.
- TSH: Schilddrüsenunterfunktion kann ähnliche Symptome wie SAMS hervorrufen.
- Blutzucker und HbA1c: Wichtig zum Ausschluss von Diabetes.
Therapieoptionen: Was tun bei SAMS und Müdigkeit?
Anpassung der Statintherapie
- Dosisreduktion in Absprache mit dem Arzt
- Wechsel auf besser verträgliche Statine wie Rosuvastatin
Coenzym Q10-Supplementierung
- Dosierung: 100–300 mg pro Tag, vorzugsweise als Ubichinol
- Einnahme: Mit fetthaltigen Mahlzeiten zur besseren Aufnahme
- Wirkung: Studien zeigen, dass CoQ10 Muskelbeschwerden lindern kann
Ernährungstipps und Weitere Maßnahmen
Menschen, die Cholesterinsenker wie Statine einnehmen und unter Ermüdungszuständen oder Muskelschmerzen leiden, können durch gezielte Ernährung die Energieproduktion und Muskelgesundheit unterstützen.
1. Coenzym Q10-reiche Lebensmittel
Da Statine die körpereigene Produktion von Coenzym Q10 reduzieren, sollten Lebensmittel bevorzugt werden, die dieses enthalten:
– Fettreiche Fische: Lachs, Makrele, Sardinen
– Innereien: Rinderleber und -herz
– Nüsse und Samen: Walnüsse, Pistazien, Sesam
– Pflanzliche Öle: Sojabohnenöl, Rapsöl
2. Vitamin-D-reiche Lebensmittel
Ein Vitamin-D-Mangel kann Muskelschwäche verstärken. Sinnvoll sind:
– Fettreiche Fische: Hering, Thunfisch, Lachs
– Pilze: Champignons, Shiitake (besonders wenn sie Sonnenlicht ausgesetzt waren)
– Angereicherte Lebensmittel: Milchprodukte oder Pflanzendrinks
3. Magnesiumquellen
Magnesium ist wichtig für die Muskelentspannung und beugt Krämpfen vor:
– Vollkornprodukte: Haferflocken, Vollkornbrot
– Nüsse und Samen: Mandeln, Sonnenblumenkerne
– Grünes Blattgemüse: Spinat, Mangold
– Außerdem: Bananen
Weiters können eisenreiche Lebensmittel (Linsen, Kichererbsen, Bohnen, mageres Rindfleisch) und kaliumreiche Lebensmittel (Bananen, Aprikosen, Avocados, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Kürbis) ebenfalls die Muskel- und Nervenfunktion und die Regeneration unterstützen.
Zusammenfassung der wichtigsten Maßnahmen:
- Ernährung: Ausgewogene Mahlzeiten mit gesunden Fetten unterstützen die Zellfunktion.
- Bewegung: Moderate Aktivität verbessert die Muskelfunktion.
- Elektrolyte: Magnesium und Kalium können bei sportlicher Aktivität helfen.
Frageliste für den Hausarzt
Bereiten Sie sich mit gezielten Fragen auf den Arztbesuch vor:
Symptome beschreiben
- Wann haben die Beschwerden begonnen?
- Treten sie in Ruhe oder nach Belastung auf?
- Gibt es einen Zusammenhang mit der Einnahme von Statinen?
Untersuchungen ansprechen
- Können CK, Vitamin D oder Coenzym Q10 gemessen werden?
- Sind andere Ursachen wie Schilddrüsenprobleme auszuschließen?
Therapieoptionen erörtern
- Ist eine Dosisreduktion oder ein Statinwechsel möglich?
- Ist eine Nahrungsergänzung mit Coenzym Q10 sinnvoll?
Praktische Tipps für Betroffene
- Dokumentieren Sie Symptome wie Muskelschmerzen oder Müdigkeit in einem Tagebuch.
- Passen Sie die sportliche Belastung an, um den Körper nicht zu überfordern.
- Ergänzen Sie nach Absprache mit dem Arzt Coenzym Q10, Vitamin D oder Magnesium.
- Lassen Sie Blutwerte mindestens jährlich kontrollieren.
Fazit
Statine sind effektive Cholesterinsenker, können jedoch Nebenwirkungen wie Muskelschmerzen und Müdigkeit verursachen.
Ein möglicher Coenzym Q10-Mangel kann die Ursache sein, dies gilt es aber unbedingt zu klären. Mit der richtigen Diagnostik und Therapie, einschließlich Nahrungsergänzung und Anpassung der Statintherapie (Dosierung), lassen sich Nebenwirkungen oft reduzieren.
Sprechen Sie also unbedingt mit Ihrem Arzt, um die für Sie beste Lösung zu finden und vertrauen Sie nicht nur allzu optimistischen Werbeaussagen von den Herstellern der Nahrungsergänzungsmittel.
Immerhin kosten mitunter so viel wie die cholesterinsenkenden Medikamente, wenn aber kein adequater Nutzen garantiert ist, ist es wahrlich schade um das Geld, selbst wenn die Einnahme dieser Präparate nicht schädlich sein sollte.
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Quellen:
¹ Was Statine mit den Muskeln machen (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft)
² Statin-induzierte Störung des Coenzym-Q10 -Status (Deutsche Apotheker Zeitung)
³ Muskelschmerzen unter Statinen – was tun? (Stiefelhagen, P. in CME 13, 35; 2016) DOI: https://doi.org/10.1007/s11298-016-5588-3
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Linktipps
– Cholesterin und Cholesterinsenkende Mittel: Ein Patientenratgeber
– Was ist Kardiologie?
– Kennen Sie Ihre Cholesterin-Werte?
– Novel Food – essen gegen Cholesterin?
– Das Ei – Cholesterinbombe oder Kraftspender?
– Internisten Österreich – Ärzteverzeichnis
– Schritt für Schritt gesünder leben